20061019

/Vom Postkommunismus zur Postdemokratie und zurück/

Wenn man nach den letzten Meldungen über Politik in Tschechien gehen würde, so wird das "Klichée" eines postkommunistischen Staates auf das genaueste erfüllt. So werden ehemalige enge Regierungsmitarbeiter und Beamte unter Verdacht von Korruption und geplantem Mord festgenommen. Der Jugendverband „Kommunistische Jugendpartei“ (KSM) eine Organisation, die der kommunistischen Partei nah steht, wird verboten, da in seinem Grundsatzprogramm die Abschaffung von Privateigentum gefordert wird und es weiterhin heisst: »Die KSM kämpft deshalb für den Sturz des kapitalistischen Systems durch die Masse der Arbeitenden.« Dieses war Grund genug für ein Verbot durch das Innenministerium.


Diesem Thema widmen sich nur die linken Tageszeitungen
"Junge Welt" und "Neues Deutschland".
Neues Deutschland spricht von purem Antikommunismus und setzt dieses Verbot in einen europäischen Kontext, das scheinbar ein Schema für die Benachteiligung der Linken/Kommunisten (Antikomminismus) belegen soll: "Antikommunismus in Europa ist so ungewöhnlich nicht. Der Europarat beispielsweise hat im Januar 2006 eine Resolution über die »Notwendigkeit der internationalen Verurteilung der Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime« angenommen." Und verweist auf die Opferrolle der Antikapitalisten: "Die Wahrheit sei, dass die Angriffsziele des Antikommunismus nie Diktaturen oder Verstöße gegen die Menschenrechte waren, sondern immer die Linke, die Arbeiterbewegung, jeder, der Kapitalismus und Imperialismus in Frage stellt." So wird am Ende festgestellt, dass es sich "nachweislich argumentativ" um eine politische Entscheidung handelt - scheinbar klar im Sinne des bekannten Klassenkampfes.




Die Junge Welt geht noch einen Schritt weiter und stellt den Verbotsgrund die Abschaffung des Privateigentums als demokratischen Mittel dar, denn: "Die private Aneignung des Volkseigentums, die den Wesensinhalt des konterrevolutionären Umsturzes 1989 ausmachte, war ein auf dem Rücken der Bevölkerung vollzogener, in jeder Hinsicht undemokratischer Akt."
Dass das linke Demokratieverständnis auf einem Auge blind sein kann, lässt sich hier nur vermuten...




Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet über ein Possenspiel aus der Abteilung "Nepper, Schlepper, Bauernfänger" (zum Quadrat), das "vier Personen, die innerhalb der Partei oder als Mitarbeiter führender sozialdemokratischer Politiker zu Macht und Einfluß gelangt waren," lieferten. Unter Ihnen befindet sich auch der ehemalige Leiter des Büro der damaligen Ministerpräsidenten Gross und Paroubek (beide CSSD).
Die Vorwürfe lauten Erpressung, Korruption, die Planung einers Mordes sowie "Verbrechen, die ihnen bei der Vorbereitung eines Millionenbetruges zum Schaden der EU und der Tschechischen Republik dienen sollten." Dieses klingt für korruptionsungewohnte Ohren nach einem großen Skandal, der die Politik erschüttern könnte. Leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Die CSSD wird vielleicht nicht die kommenden Kommunalwahlen gewinnen, aber weitreichene Konsequenzen werden daraus traurigerweise nicht entstehen. man kann nur hoffen, dass Krankheit "Korruption" sich nicht so weit ausweitet, dass sich in Tschechien nicht wieder ein postkommurussisches Phänomen "Vom Postkommunismus zur Postdemokratie und zurück" ausbreiten wird.




Kurzmeldung zum gleichen Thema in LVZ online

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