20061123

deutsche Antifaschisten in der Nachkriegstschechoslowakei

"Auf einmal war man nur noch Deutscher" - deutsche Antifaschisten in der Nachkriegstschechoslowakei

Einen interessanten Beitrag zu diesem Theam, das in Tschechien heutzutage sehr kontrovers diskutiert wird, findet man bei Radio Prag. Während der damalige Ministerpräsident Paroubek Deutsche Widerstandskämpfer, die für den Erhalt der Tschechoslowakei eingetaten waren ehrte, sprach sich Präsident Klaus vehement dagegen aus.

Viele deutsche Antifaschisten mussten wurden wie alle übrigen Deutschen, sei es nun Mitläufer oder Faschisten, die Tschechoslowakei verlassen.

"Ca. 100.000 deutsche Sozialdemokraten und Kommunisten verließen in den ersten Nachkriegsjahren die Tschechoslowakei. Für viele war es gewissermaßen bereits das zweite Exil. Die Zeitzeugen, die an der Konferenz teilnahmen begrüßen, dass die Geschichte der deutschen Antifaschisten jetzt aufgearbeitet wird. Vielleicht bietet sich dadurch die Chance, einen anderen Blick auf die Nachkriegszeit und seine Folgen zu werfen..."


Links:
Wikpedia - Beneš-Dekrete

20061122

Ausgegrenzt und abgeschoben

Über die soziale Ausgrenzung und Dikriminierung von Roma und Sinti, die in Tschechien die größte ethnische Minderheit bilden, berichtet das Oberpfalznet. Mittels einer eu-finanzierten Pionierstudie wurde eine Bestandsaufnahme zur sozialen Lage von Roma und Sinti in Tschechien erstellt.

"Drei Monate lang zogen Feldforscher durch das Zehn-Millionen-Einwohner-Land - und brachten erschreckende Ergebnisse mit: Etwa 300 ghettoähnliche Wohngebiete gibt es in ganz Tschechien. In größeren Städten können darin mehrere hundert Menschen leben; auf dem Land sind es manchmal nur wenige abgesonderte Wohnungen.


Jetzt, wo die Fakten für jeden im Internet zugänglich sind, ist die Politik gefragt, betont Holecková. Denn nach ihrer Einschätzung gibt es genügend Möglichkeiten der Hilfe, etwa in Sozial- und Förderprogrammen. Doch in der Praxis wird häufig weiter ignoriert und weggeschaut - oder es werden wie zuletzt im östmährischen Vsetín über 100 Roma in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abgeschoben. Dabei konnte sich Bürgermeister Jirí Cunek der Zustimmung der Bürger sicher sein: Kurz nach der Zwangsräumung wurde er in den tschechischen Senat gewählt."
Aktueller Artikel vom 18.01.2007 - Deutsche Welle: Roma im EU-Mitgliedsland Tschechien immer noch ausgegrenzt
Links:
derStandard.at: Sinti und Roma fordern besseren Schutz vor Diskriminierungen Von Europarat organisiertes Forum beklagt Rückschritte vor allem in Osteuropa

Teurer Traum vom Billiglohn

Einen interessanten Artikel zum Thema Arbeitsplatzverlagerung erschien heute im Handelsblatt. Wie viele andere Unternehmen, hat auch der Softwarekonzern SAP einen Teil seines Geschäfts nach Prag verlegt, um natürlich Kosten zu sparen. Leider musste man die Erfahrung machen, dass nicht genügend Arbeitskräfte in Prag zur Verfügung stehen...

"Das Beispiel zeigt, wie schwer es ist, solche Einheiten in Billiglohnländer auszulagern. ... Ziel ist eine Kostenersparnis, die nach Schätzungen der Prüfungsgesellschaft KPMG bis zu 35 Prozent erreichen kann. ... Doch viele Unternehmen unterschätzen die Stolpersteine. Ein solcher ist die Beschaffung des richtigen Personals. „Die Vorstellung, in Prag Fachkräfte, die vier Sprachen beherrschen, zu niedrigen Preisen zu bekommen, war vielleicht etwas überzogen. Am Ende reden wir hier über Akademiker, die auch in Prag mittlerweile ganz andere Jobs bekommen können“, beschreibt eine SAP-Führungskraft die Probleme. Die Arbeitslosenquote in Prag von nur rund drei Prozent erschwert die Suche nach Fachkräften zusätzlich."
ganzer Artikel

Weitere Artikel:
FAZ.net: "Daimler könnte Teile der Buchhaltung in Billiglohnland verlegen" (ganzer Artikel)

20061121

Wer kennt noch Sudetenland?

Vertriebenenverbände in Not: Wer kennt noch Sudetenland?

"Willi Treetzen, Vorsitzender des Bunds der Vertriebenen in Neumünster, berichtete, dass sich in diesem Jahr zwei der sechs Landsmannschaften im BDV mangels Mitglieder aufgelöst haben." (Segeberger Zeitung) Das Verhältnis zwischen Deutschland und Tschechien wird u. a. noch durch den Bund der Vertrieben bestimmt, die in Tschechien stärker wahrgenommen werden als in Deutschland, da es immer wieder zu Rückgabevorderungen von Deutschen kommt, die nach 1945 aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben worden sind.

Der Einfluss geht aber immer mehr zurück, da diese Verbände aufgrund fehlender Mitglieder an Einfluss und somit auch an Wahrnehmung verlieren und es ist zu erwarten, dass die Sudetendeutsche Kultur in Zukunft nur noch ein vergangenes Kapitel in der tschechisch-deutschen Geschichte sein wird, der es an Zeitzeugen fehlen wird.


Links:

Wikpedia - Sudetendeutsche


20061113

die Wunderstadt

Dass die Junge Welt nicht nur für seine politisch teilweise "scharfe" Bereichterstattung bekannt ist, sondern auch für herausragende Artikel zur Zeitgeschichte, zeigt der Beitrag "Stadt der Zuflucht -
Das alte Prag vor der deutschen Okkupation: Spuren der Emigranten vom Café »Continental« über das »Mánes« nach Strašnice
".
"Prag, die Doppelstadt, die Wunderstadt, die Stadt der Dichter und Visionäre, nahm alle Bedrängten auf, ohne nach Gesinnung, Vermögen oder Paß zu fragen: Juden, Kommunisten, Sozialdemokraten, Pazifisten, Freimaurer, Christen, Anarchisten, Intellektuelle und Künstler. Allen half sie, wenngleich alle auch ihre Angst vor dem überlegenen Reich im Norden mehr oder weniger zu spüren bekamen und die Behörden nicht selten bürokratische Hürden errichteten. ... Eine Tiefenanalyse dieses Verrates folgte prompt. Der Emigrant und tschechoslowakische Staatsbürger Thomas Mann veröffentlichte sie in Schweden unter dem Titel »Die Höhe des Augenblicks«, und sie bleibt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund heutiger Geschichtsklitterungen kraft sogenannten »Diktaturenvergleiches« – weiterhin aktuell: »Die Geschichte des Verrates (Münchener Abkommen, Errichtung eines deutschen Protektorats über die Tschechoslowakei, Anm. ) durch der europäischen Demokratie an der tschechoslowakischen Republik, der Darbringung dieses der Demokratie verbundenen und auf sie vertrauenden Staates an den Faschismus, um ihn zu retten, ihn dauernd zu befestigen und sich seiner als eines Landsknechtes gegen Rußland und den Sozialismus zu bedienen – diese Geschichte gehört zu den schmutzigsten Stücken, die je gespielt worden sind.«

Wikpedia:
Münchener Abkommen
Reichsprotektorat Böhmen und Mähren
Thomas Mann

Nützliche Idioten

Auf das kafkeske Verhältnis der demokratischen Parteien zur kommunitischen Partei Böhmen und Mährens geht das Oberpfalznetz ein. "Nun kann man über die heutigen Genossen denken was man will. Sie sind weit davon entfernt, dass man sie "geläutert" nennen könnte. Die "Samtrevolution" bezeichnen sie bis heute als "Umsturz", und von den Verbrechen der Gottwald und Co. haben sie sich nur halbherzig distanziert. Dass ihr Chef, Vojtech Filip, nachgewiesenermaßen bis zur Wende Stasi-Spitzel war, spricht auch nicht eben für sie. Dennoch ist die KSCM eine Realität, verfügt über die drittstärkste Fraktion im Abgeordnetenhaus. Und dass sich ausgerechnet (Präsident Anm.) Klaus als Bollwerk gegen die Kommunisten aufspielt, ist ein Witz." (ganzer Artikel)
Der beschriebene Balanceakts aus Ausgrenzung bis hin zum Antrag Verbot und Versuch der Machtbeteiligung zur eigenen Machtsicherung oder Erhaltung der jeweiligen demokratischen Parteien, wird mit einem Sprichwort von Lenin abgeschlossen: "Klaus und die ODS im Parlament bedienen sich der Kommunisten also schlicht als "nützlicher Idioten". Sie könnten sich dabei allerdings auch vertun. Die Kommunisten, so Kommentatoren, wüssten am besten, wie man andere zu nützlichen Idioten für sich selbst macht. Der Schöpfer dieses Begriffs sei nicht Kafka gewesen, sondern ein gewisser Lenin." (ganzer Artikel)

far away from Finland ...

Ein Problem, das in Tschechien Gesellschaft und Politik gleichermaßen betrifft, ist die Korruption. So lesen wir in den OÖNachrichten eine aktuelle Einschätzung und ein Best-of der letzten Korruptionsfälle unter der Überschrift: Tschechien - eine Hochburg der Korruption "Die Mehrheit der Tschechen ist mindestens ein Mal im Leben der Korruption begegnet.(...) Die tschechische Regierung kämpft offiziell gegen Korruption. >, sagt der Sozialdemokrat und Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses, Miroslav Vlcek. Keiner macht jedoch den ersten Schritt. Die Politiker sind sogar zunehmend selbst in die Fälle verwickelt. In der Korruptionsrangliste rutscht Tschechien daher jedes Jahr weiter nach hinten." (mehr) Hintergrund ist der aktuelle Korruptuptionsländerindx von Trancparency International.

Corruption Perceptions Index 2006 von Transparency International (Auszug)

1. Finland, Island, Neuseeland
7. Schweiz
9. Niederlande
11. Österreich
16. Deutschland
18. Frankreich
20. Belgien, USA
45. Italien
46. Tschechische Republik
49. Slowakei
61. Polen, Jamaika
84. Algerien
121. Russland
163. Haiti

Zu einem unterschiedlichen Ergebnis und Bewertung von Korruption in verschiedenen Ländern der Erde kam die Firma Gallup GmbH, die Ihren sogenannten Gallup Corruption Index vorstellt, der die Wahrscheinlichkeit der Bevölkerungen festhält,
dass diese in den staatlichen Stellen und Unternehmen ihres Landes Korruption empfinden oder erleben. (ganzer Artikel)

Danach ergibsich folgende Rangliste:

     1    Finnland                 12
2 Dänemark 21
Neuseeland 21
4 Singapur 22
5 Saudi-Arabien 25
6 Großbritannien 36
Norwegen 36
Schweiz 36
9 Australien 37
10 Schweden 39
11 Österreich 44
Irland 44
48 Deutschland 75
69 Tschechische Republik 82
Palästina 82
Sierra Leone 82
Argentinien 82
101 Litauen 94 (Letzter)

Links:

20061109

Temeliner Völkerrecht

Ein Thema, dem besonders in Österreich viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist die offizielle Bauabnahme des Atomkraftwerks Temelin. Nach Meldung österreichischer Medien dürfe die offizielle Bauabnhame (Kollaudierung) erst erfolgen, wenn alle Sicherheitsmängel beseitigt worden sind. Diese sind im sogenannten Melkener Vertrag (siehe Erläuterung unten) festgeschrieben.

Da die Genehmigung ohne den Nachweis der Behebung dieser Mängel erteilt wurde, sieht man auf österreichischer Seite einen klaren Bruch dieses Vertrags. Der Probelauf des Atomkraftswerk wurde vor sechs Jahren gestartet und schon seit längerem wird in Temelin schon Strom geliefert. Es kam immer wieder zu Problemen beim Betrieb des Atomkraftswerks.

Über die Möglichkeit einer Völkerrechtsklage seitens Österreich wird unaufgeregt berichtet und auf die Einwände von österreichischer Seite bezogen auf die noch nicht gelösten "Sicherheitsmängel" wird so gut wie nicht eingegangen. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer aüßert sich bei derstandard.at: "Wir erwarten uns vom Bund aber auch die Ausschöpfung aller völkerrechtlichen Mittel bis hin zu einer Völkerrechtsklage." Dieses Vorhaben findet bei fast allen Parteien Österreichs große Unterstützung, wobei der Erfolg einer solche Klage nicht abzusehen ist.

Unterstützung seitens der EU ist leider nicht zu erwarten, da diese sich als nicht zuständig fühlt, obwohl der Melker Vertrag unter Ihrer Patronage abgeschlossen wurde. Der zuständige Eu-Kommisar Ruete wies laut antiatom.info darauf hin, das der Melker Prozess "den internationalen bilateralen Rahmen erfüllt und keineswegs Gemeinschaftsrecht schafft". Daher könne über ihn auch kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden.

Die Aufregung in den Medien Österreichs ist relativ groß. Auffällig ist, dass im Gegensatz dazu über dieses Thema in Tschechien relativ neutral berichtet wird. Der Artikel bei Radio Prag enthält sich jeden Kommentars, was auch über die Berichterstattung in Tschechien allgemein zu diesem Thema im Moment zutrifft.


SZ-online.de: Tschechien: Umstrittenes Atomkraftwerk geht ans Netz

Kurier.at: Temelin sorgt wieder für Troubles
Referat zum Thema Atomkraftwerk Temelin

Radio Prag: AKW Temelin wurde nach zwei Jahren die Bauabnahme erteilt (auch zum Anhören)

OÖNachrichten: Letzte Hürde für den Betrieb von Temelin gefallen und EU lässt Österreich im Kampf gegen AKW Temelin im Stich

Krone.at: Glawischnig fordert Völkerrechtsklage

Antiatom.info: EU sieht sich für Temelin unzuständig: "Melker Vertrag ist bilateral"

Ökonews.at: Temelin Kollaudierung erteilt: Völkerrechtsklage gegen Tschechien unausweichlich

ORF.at: Temelin: Warnung vor neuem Störfall

vienna online: Betriebsgenehmigung für AKW Temelin


Melker Vetrag:
Der Melker Prozess ist im Dezember 2000 zwischen Tschechien und Österreich ausgehandelt worden und sieht die Erhöhung der Sicherheit im Kernkraftwerk Temelin vor. Gemäß einer späteren Vereinbarung in Brüssel wurde darüber hinaus festgelegt, vor Beginn des kommerziellen Betriebes in Temelin zumindest die schwerwiegendsten Probleme zu lösen. Im Dezember 2005 wandte sich Oberösterreich an die EU-Kommission, um eine vollständige Umsetzung der nach dem Melker Übereinkommen notwendigen Sicherheitsnachrüstungen zu erreichen. (aus: antiatom.info)

20061108

Keine Verjährung für Mauerschützen

Nach einem Grundsatzurteil des höchsten tschechischen Gerichts sind Tötungen an der ehemaligen Grenze der Tschechoslowakischen Republik "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und können somit nicht verjähren, berichtet die Deutsche Presse Agentur (dpa). Damit wird ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur gemacht. «Jeder Staat sollte sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen, ob sie nun gut oder schlecht ist», begrüßte die tschechische Generalstaatsanwältin Renata Vesecka das Urteil.


Es zeigt, dass die Jurisdiktion eine Aufarbeitung der Zeit der kommunistischen Diktatur für wichtig hält, hingegen versuchen Teile Legislative die Schaffung eines "Institutes des nationalen Gedächtnisses" zu verhindern , das vergleichbar mit der in Deutschland sogenannten "Gauck-Behörde" ist, so berichtet Radio Prag. Weniger überraschend ist, dass es genau Altkommunisten und Teile der CSSD sind, die dieses versuchen zu verhindern. Der Gesetzentwurf zur Schaffung wird überflüssig und kostenintensiv abgelehnt, jedoch dürfte eher Angst vor der Vergangenheit dahinter stecken. Über den Gesetzentwurf wird weiterhin im tschechischen Parlament beraten und man kann hoffen, dass mit einem solchen Institut, eine gründliche und notwendige Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit möglich sein wird, nicht nur der Gerechtigkeit wegen.

Murmeltier Klaus

Seit ca. fünf Monaten grüßte in Tschechien das Murmeltiertier Klaus und immer wenn es so aussieht, dass der Tag doch anders verläuft als die Tage zuvor, wacht man doch am nächsten Tag auf und alles fängt von vorne an.
Nach den Senats- und Kommunalwahlen hoffte man, dass das politische Patt mittels einer großen Allparteienkoalitionsregierung (unter Ausschluss der im Parlament vertratenen Altkommunisten) aufgehoben würde. Jedoch besteht die CSSD weiterhin auf ein Mandat zur Bildung einer Regierung und sperrt sich somit gegen diesen Vorschlag von Präsident Klaus.In der Welt ist zu lesen: "Die Fronten blieben verhärtet. Während die ODS schnellstmögliche Neuwahlen anstrebt, besteht der sozialdemokratische Ex-Premier Jiri Paroubek darauf, eine eigene Chance zur Regierungsbildung zu erhalten." Präsident Klaus hat nun wieder den Vorsitzenden der ODS Topolanek mit de Regierungsbildung berufen, dass er wieder scheitern wird ist absehbar. "Scheitert Topolánek erneut, sieht die Verfassung einen dritten Versuch zur Regierungsbildung vor. Anders als jetzt würde dafür aber nicht mehr Klaus den Auftrag erteilen, sondern der Chef des Abgeordnetenhauses. Den stellt momentan mit Miroslav Vlcek die sozialdemokratische CSSD. Es hätte eine gewisse Logik, wenn jener CSSD-Mann seinen Parteichef Paroubek mit der Regierungsbildung beauftragen würde.


Doch in Tschechien gehen die Uhren anders: Vlcek wurde nach zweimonatigem Tauziehen nur gegen das Versprechen gewählt, auf sein Vorschlagsrecht zu verzichten und stattdessen zurückzutreten. Sollte also Topolánek im zweiten Anlauf scheitern, gäbe es nicht mehr nur erst einmal keinen dritten Versuch zur Regierungsbildung; zusätzlich stünde das Abgeordnetenhaus auch noch ohne Chef da."

Die in Berlin ansässige Tageszeitung Neues Deutschland gibt zu bedenken: "Wie sie anders die Quadratur des Prager Kreises angehen wollen, bleibt aber vage. Gestern bot der in den eigenen Reihen unter Druck geratene CSSD-Chef Paroubek nun Verhandlungen über die Tolerierung einer ODS-Minderheitsregierung für zwei Jahre an." Das es sich hierbei hierbei nicht um das letzte Kapitel von "Und täglich grüßt das Murmeltier" sein wird, ist zumindest die einzige Konastante in diesem politsuchen Trauerspiel.
Links:
Artikel hierzu in nachrichten.at
Tschechien-Online berichtet hierzu über Paroubek (mehr)
und über die Ernennung des alten/neuen Premiers (mehr)
"Topolanek statt Topolanek" aus Radio Prag
Der Standard berichtet: "Patt in Prag"

Bier bleibt weiterhin Nahrungsmittel

So wie es aussieht, hat die Kampagne "Bier = Brot" Erfolg. Neben Tschechien und Deutschland haben auch Lettland und Litauen Ihr Veto gegen eine Erhöhung der Mindeststeuersätze für Alkohol eingelegt. Aus Bayern wurden als die Pläne zur Erhöhung bekannt wurden "erste Revolten" gemeldet. Diese konnten aber unblutig beendet werden ...

aus: stern shortnews

20061103

Pivo und Spiele

Dass Bier laut Deutschlands Finananzminister Steinbrück "aus der Sicht von vielen Menschen in Deutschland kein Alkohol ist, sondern ein Nahrungsmittel," kann von fast allen Menschen in Tschechien nur bestätigt werden. Nach dem der "heiligen Bier-Allianz (zur Verhinderung einer Mindestbesteuerung von Alkoholika)" von Tschechien und Irland ist nun auch Deutschland dieser beigetreten. Dass der deutsche Finanzminister auf Steuereinnahmen verzichtet, mag auf den ersten Blick verwundern, zeigt aber auf dem zweiten Blick, dass Bier mehr Wert ist als Gold (Geld). Während es in Tschechien teil der Aussenpolitik ist (siehe Blog), ist es Deutschland Teil der Finanzpolitik. Frei nach dem Motto: Es ist nicht so gut um die öffentlichen Finanzen (Schuldenstand 2005) bestellt und an der Demokratie wird auch schon gebröckelt, aber damit Ihr euch noch ein billiges Betäubungsmittel von der grauen Realität gönnen könnt, lassen wir euch euer billiges Bier...
Und genau darin ist man sich auf beiden Seiten einig: "Tlusty (tsch. Finanzminister Anm.) zeigte sich ´sehr erfreut, dass wir die gleiche Einstellung zur Biersteuer haben´."
Über die gesundheitlichen Folgeschäden und die daraus resultierenden Kosten aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums, darf hier an dieser und anderer Stelle nicht laut nachgedacht werden.

Jeste jeden pivo, prosim ...

der ganze Artikel auf vwd.de

20061102

Einen Ausweg aus der anhaltenden Regierungskrise in Tschechien scheint gefunden zu sein. Vier der fünf großen Parteien, haben sichoffenbar auf eine Verfassungsänderung und damit auf Neuwahlen im Frühjahr geeinigt. So berichtet das Schweizer Fernsehen: "Staatspräsident Vaclav Klaus (ODS) äusserte sich «hoch erfreut» über den Vorstoss und lud die Chefs der fünf grössten Parteien für diesen Freitag zu einem gemeinsamen Gespräch darüber ein." Allein die ČSSD pocht auf Ihren Machtanspruch, der ohne Neuwahlen zu erreiche sei. Dass die Partei und Ihr Vorsitzender Paroubek vermutlich nur vom eigenen Machterhalt und von der Angst bei Neuwahlen schlechter abzuschneiden getrieben wird, fasste ODS-Vize Petr Nečas in einer Stellungnahme zur Position der ČSSD so zusammen: „Die ČSSD lässt keine andere Variante zu als die der eigenen Beteiligung and er Macht in welcher Form auch immer.“

Bis zu den Neuwahlen soll eine Mehrparteienkoalition die Regierungsgeschäfte übernehmen. In diesem Fall wird auch erstmals wieder die Kommunistische Partei an der Regierung beteiligt sein.
Damit sind die Kommunisten erstmals seit der „Samtenen Revolution“ in der Position, nach Parlamentswahlen mit dem Wahlsieger über die weitere Entwicklung zu verhandeln. Deren Regierungsbeteiligung wurde in Tschechien von allen Parteien seit Ihr Ablösung versucht kategorischen auszuschliessen. In wie fern die politische Akzeptanz der Altkommunisten zugenommen hat und wie sehr sie Einfluss auf die zukünftige Regierung nehmen wird, werden die Neuwahlen zeigen. Der Stimmenanteil der KCSM hat aber auch bei den letzten Parlamentswahlen im Juni weiter abgenommen. Ob dieser Trend aufgehalten werden kann oder ob die Kommunisten aus der anhalten Krise einen Nutzen ziehen können, wird sich im nächsten Frühjahr zeigen.


Links:
Wiener Zeitung: Prag -Parlament vor Selbstauflösung
und Tschechien nimmt Kurs auf Neuwahlen
Der Standard: Vorgezogenen Neuwahlen in Tschechien immer wahrscheinlicher