20070208

Krieg der Sterne in Tschechien

Schlagzeilen nicht nur in Tschechien, sondern auch im deutschsprachigen Raum, lösen die Pläne der USA aus, in Tschechien eine Radaranlage zu installieren und in Polen eine Raketenabschussbasis zu errichten. Das Meinungsbild hierüber ist ziemlich geteilt, so schreibt die Berliner Zeitung: "Auch die Bevölkerung (Anm.: in Tschechien) ist unschlüssig: Zwei Drittel sprachen sich in einer Umfrage gegen eine Raketenbasis aus, zwei Drittel aber haben nichts gegen ein Radar." Die Politik steht dem eher positiv entgegen, wenn man von der erwarteten Ablehnung seitens der mitregierenden Grünen bzw. der Kommunisten absieht. "Die oppositionellen Sozialdemokraten stehen vor einer Zerreißprobe. Ihr Parteichef Jiri Paroubek sagt Ja, die Mehrheit an der Basis Nein. Als offizielle Linie der Sozialdemokraten gilt - vorübergehend - eine schwammige Formel: die Partei habe sich noch nicht definitiv entschieden, ihr Standpunkt sei auf der Grundlage neuer Entwicklungen veränderbar."
Hintergrund dieser eher zustimmenden Haltung der Regierungsparteien ODS und KDU-CSL, ist das Kalkül, das mit der Zustimmung zum Bau einer Radaranlage, bestimmte Forderungen seitens Tschechiens an die USA gestellt werden können, u. a. eine Erleichterung, wenn nicht sogar die Aufhebung der Visumspflicht für tschechische Staatsbürger bei der Einreise in die USA könne gefordert werden.

Ein entschiedener Befürworter ist (vielleicht überraschenderweise) Ex-Präsident Vaclav Havel. Er "hatte gestern in einem Gastkommentar für die links-liberale Tageszeitung Právo bekräftigt, dass er für die US-Radaranlage auf tschechischem Boden ist, und zwar ohne die Durchführung eines Referendums." (ganzer Artikel und in 20min.ch)

Die betroffenen Gemeinden versuchen sich jedoch gegen den Bau zu wehren. So wurde versucht Außenminister Schwarzenberg, von der Notwendigkeit eines Referendums zu überzeugen, in dem die Bürger, über den Bau abstimmen sollten. So schreibt Tschechien Online: "In dem 98-Seelen-Dorf Trokavice bei Rokycany (Kreis Pilsen) beschloss der Gemeinderat gestern, ein lokales Referendum abzuhalten. 'Mit uns wird doch sowieso niemand reden. Deshalb haben wir getan, was wir tun mussten', so Bürgermeister Jan Neoral. Weder ihn noch die anderen Bürgermeister konnte Schwarzenberg gestern von dem Projekt überzeugen."

Über die Gründe für die ablehnende Haltung berichtet der Deutschlandfunk in einer Sendung: "Von Pribram strahlt der Protest inzwischen auf ganz Tschechien aus. Das Kommando führt eine eilig gegründete Bürgerinitiative, die den Widerstand von Prag aus steuert. An ihr beteiligen sich dutzende Organisationen von Umweltschutzverbänden bis hin zur kommunistischen Jugendgruppe. Die Motive der Demonstranten sind entsprechend unterschiedlich. Einige befürchten eine Strahlenbelastung durch die Radarschüsseln, andere sehen die territoriale Integrität Tschechiens gefährdet, wenn ausländische Streitkräfte im Land stationiert werden. Eine große Rolle spielt auch die anti-amerikanische Haltung, die viele Gegner der Radarstation verbindet."

Die weitere Vorgehensweise der tschechischen Regierung sieht wie folgt aus:"Die tschechische Regierung werde die Anfrage in den nächsten Wochen beantworten und «wahrscheinlich» Gespräche mit Washington beginnen, sagte Topolanek am Mittwoch einem Parlamentsausschuss. Sollte das Vorhaben gebilligt werden, könnte der Stützpunkt laut Topolanek 2011 in Betrieb gehen. Er sei überzeugt davon, dass die Errichtung einer Radarstation auf tschechischem Gebiet im Interesse des Landes sei. «Sie wird die Sicherheit der Tschechischen Republik und Europas erhöhen», sagte der Regierungschef kürzlich." (ganzer Artikel in der Basler Zeitung)

Es stellt sich natürlich die Frage, wie sich groß der Widerstand in der tschechischen Bevölkerung sein wird und welchen Druck somit auf die Entscheidung der Regerung ausgeübt werden kann. Wird es zu einer Entscheidung über die "Köpfe der Bürger" kommen oder wird dem Bürger eine Möglichkeit der Entscheidung in Form eines Referendums gegeben. Bis zu den nächsten Wahlen ist noch viel Zeit, so dass zu vermuten ist, dass auf die Meinung der Bürger, nicht so viel Wert gelegt wird wie zu Wahlzeiten.

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