20070121

Neue Regierung bestätigt

Am ehesten auf den Punkt trifft es Der Tagesspiegel, der von einem "Hütchenspieltrick" spricht, der der politischen Krise, mit der Wahl der neuen Minderheitsregierung von Premier Topolanek, ein Ende setzt. Durch die Enthaltung zweier Abgeordneter der oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) wurde die Regierung in Ihrem Amt bestätigt. Jedoch bleiben Fragen nach deren Motiven weiterhin offen: " Gerätselt wird in Prag, warum der langjährige Gynäkologe Michal Pohanka und sein Parteigenosse Milos Melcak so plötzlich zum Geburtshelfer des Mitte-Rechts-Bündnisses wurden. War es "Verrat, Heuchlerei, Korruption", wie Oppositionsführer Jiri Paroubek (CSSD) vermutet? Oder wollten die Abweichler tatsächlich nach 230 Tagen bloß "die innenpolitische Agonie beenden", wie sie beteuerten?"
Die Tagesschau spricht von "Erfolg mit Beigeschmack". Auch spielte eine gewisse politische Unzufriedenheit eines Abweichlers der CSSD eine Rolle. So schreibt Tschechien Online: "Von den beiden Abweichlern fehlte der Abgeordnete Michal Pohanka während der gesamten heutigen Debatte, Miloš Melčák wiederum verließ kurz vor der Vertrauensabstimmung den Sitzungssaal. Zuvor hatte er jedoch in einer flammenden Rede unter dem Applaus der Regierungskoalition den ČSSD-Vorsitzenden Jiří Paroubek scharf angegriffen." Deren Situation hatte sich vor allen Dingen nach deren Ankündigung, das politische Lager zu "wechseln" zunehmend verschlechtert, so schreibt Der Tagesspiegel: "Offene Anfeindungen gegen die beiden Überläufer beherrschten die Debatte im Abgeordnetenhaus. „Schäm dich, du Verräter“, skandierten mehrere Sozialdemokraten, als einer ihrer ehemaligen Parteifreunde das Wort ergriff. Die beiden Abgeordneten saßen während der Sitzung in den Reihen der ODS, damit sie vor verbalen Angriffen aus ihrem eigenen Lager geschützt waren. Bereits in den vergangenen Tagen hat einer der Überläufer mehrere Morddrohungen bekommen und stand zwischenzeitlich unter massivem Polizeischutz."

Es stellt sich natürlich die Frage, wie effektiv eine Minderheitsregierung arbeiten kann, die auf die Tolerierung von zwei Abgeordneten der Opposition angewiesen ist. Wie sollen Mehrheitsentscheidung für die Verabschiedung von Reformen zu Stande kommen, ohne dass der politische Preis durch notwendige Zugeständnisse diese Reformen wieder Ihrer Wirkung entziehen. Es wird sich jetzt zeigen, ob der Wille zur Macht den Premierminister Topolanek gezeigt hat verbunden ist, mit dem Willen zu Reformen und das Regieren bei dieser fragilen Mehrheit nicht zum Selbstzweck verkommt, als Macherhalt zum Machterhalt.

Der Tagesspiegel: "Hütchenspielertrick" beendet Krise
Tschechien Online: Regierung in Tschechien von Abgeordnetenhaus bestätigt
Der Tagesspiegel: Überläufer küren in Prag Sieger
tagesschau.de: Erfolg mit Beigeschmack

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